Eine Kolumne von Patrick Mess, Geschäftsführer der Vonundzu Kreativagentur:
Wer in den letzten Tagen mal durch die Stadt geschlendert ist und auf der Jagd nach einem Nebulak nicht durchgehend auf sein Handy geschaut hat, der ist nicht darum herumgekommen zu erkennen, dass das Jahr 2016 ein Kommunalwahljahr ist. Überall haben die regionalen Parteien ihre Plakate gedroppt und mit Wahl-Messages versehen. Einige davon kryptisch, andere eher sehr platt.
Als ich also so bei meiner Gemüse-Quiche vor dem Bäcker meines Vertrauens saß und mir bei dem Wetter die Zunge an meinem türkischen Apfeltee verbrannte – selber schuld bei diesen Temperaturen – dachte ich mir so: was wollen mir diese Plakate hier eigentlich alle sagen? Und mehr oder weniger aus Berufsstolz habe ich mir die Plakate mal unter dem „Check-mein-Bro-was-die-wollen“ Aspekt angeschaut. Das Resultat war ernüchternd. Wie sollen junge Menschen, zu denen ich mich mit meinen 26 Jahren ganz klar noch dazu zähle – immerhin kenne ich das Wort „Bro“ – sich bei dermaßen generischen und austauschbaren Aussagen für Politik interessieren, geschweige denn für ein Parteiprogramm begeistern? Da hätten wir zum Beispiel:
Die SPD Lingen
Die Aussage der SPD Lingen auf ihrem Plakat ist: „mehr… für LINGEN. mehr…SPD“. Aber was ist mehr? Mehr Fruchtgehalt in Capri-Sonne? Mehr PokéStops in der Innenstadt? Mehr…. Was? Das Plakat sagt nichts über das Wahlprogramm aus. Das ist sehr schade, ich wüsste jetzt, abgesehen von der Aussage meines Opas, rein gar nichts über die Inhalte, die die SPD in Lingen vertritt. Was ist das große Thema? Was ist das „mehr für LINGEN“? Auf dem Wahlplakat sehe ich 5 Personen, die zwar sympathisch in die Kamera schauen. Die erste Frage, die sich mir da stellt ist: Was sind das für Personen? Ich kann mir vorstellen, dass es einigen zwischen 16 und 28 genauso geht. Und ich werde bei dem Plakat noch einmal daran erinnert, dass ich drei Stimmen habe. Danke dafür.
Die BürgerNahen!
„Wir haken nacher!“ zuerst habe ich mich gefragt „WTF?! Ist das ganze ein Rechtschreibfehler?“ Aber beim Betrachten der anderen Plakate wurde mir dann die Mechanik, die dahinter steckt bewusst. Auf einem anderen Plakat heißt es nämlich „Wir bleiben lauterer!“. Okay es wird also alles gesteigert. Es wird alles mehr. Wie es wird alles mehr? War das nicht auch bei der SPD so? Naja, wenigstens steht da „versprochen“. Also ein Versprechen sollte nicht gebrochen werden, das ist gut. Wobei der Volksmund ja eher sagt, dass Politiker ihre Versprechen nicht halten, ist es aber wirklich so? Mutig mit Versprechen zu werben. Aber wer weiß, was dahintersteckt. Auch Die BürgerNahen erinnern mich noch einmal daran, dass ich drei Stimmen habe: Danke dafür.
Die Junge Union
Na das ist ja mal etwas Exotisches. Mein erster Gedanke war: Wer steckt da wohl hinter? Eine Partei? Oder ist es doch Andi Rakete, der den Wahlkampf satiremäßig infiltriert hat? Ein kurzer Blick auf sein Facebookprofil genüg, um zu erkennen:
Die Idee ist unter Kampagnen strategischer Sicht nicht dumm. Wähler neugierig machen. Im Gespräch sein. Keine platten Aussagen. Kein Absender auf dem Plakat. Wir brauchen mehr Traffic! Guter Ansatz. Leider in der Umsetzung… Puhhhh. Beim Besuchen der angegeben Internetseite kommen wir auf einem Timer, Geil Timer! Läuft. Was passiert… ich bin neugierig. WAS??? Ich muss noch 25 Tage warten, bis etwas passiert? Und wer hat diese Seite überhaupt online gestellt? Ein kurzer Blick ins Impressum sollte verraten, wer der Absender ist. Ähm… Impressum? Ich muss also 25 Tage warten, um zu wissen, wofür die Junge Union steht. Das ist natürlich ein wenig lang. Vor allem habe ICH persönlich in 25 Tagen total vergessen, dass ich auf die Seite schauen wollte. Meine Mutter sagt immer, ich würde sogar meinen Hintern vergessen, wenn er nicht angewachsen ist. Warum sind mein Schlüssel und mein Portemonnaie nicht angewachsen… ätzend.
Von den drei hier gezeigten Plakaten sagt mir einfach keines, warum ich mich weiter damit beschäftigen sollte. Was habe ich davon, mich damit auseinander zu setzen? Profitiere ich in irgendeiner Weise davon? Natürlich sollte uns alle die Politik etwas angehen. Aber sein wir mal ehrlich. Wir kaufen auch nicht die Katze im Sack oder um es auf Neudeutsch zu sagen: „Brudi flax mich nicht, das niemals iPhone mit 64 GB“. Es sollte meiner Meinung nach wieder mehr um relevante Inhalte gehen, um so alte Polit-Floskeln, die sich mittlerweile im gesamten Land mehr als Durchhalteparolen lesen, abzufeudeln und neue Wähler zu generieren.
In diesem Sinne wünschen wir euch allen noch eine schweißfreie Restwoche.
Patrick Mess
Geschäftsführer
Vonundzu Kreativagentur